Ein Kapitel aus der Padma Purana.

Das ist ein heiliger Text, welcher über die Wanderschaft von Lord RAM berichtet, die er vor ca. 16.000 Jahren in Indien gemacht hat.

Eines Tages ging der König Prabhanjana zu seinem Vergnügen in seinen ausgedehnten Wäldern auf die Jagd. Die Wälder waren voll mit Wild, und nach kurzer Zeit erblickte er unter einem Busch ein Reh. Obwohl er wusste, dass Tiere, die auf heiligem Boden leben (dieser Wald war heiliges Gelände) nicht getötet werden dürfen, schoss er. Das Reh wurde verwundet, aber zu seinem Erstaunen machte es keinen Versuch zu fliehen. Und als der König sich anschlich, sprach es ihn an.

„Du dummer Mensch“, sagte es, "sieh was du getan hast. Dies war nicht die richtige Zeit mich zu erlegen. Ich hatte mein Baby, welches bei mir trank, neben mir im Busch liegen. Es war auch nicht der richtige Ort, um nach mir zu jagen. Du weißt sehr wohl, dass dieser Wald ein spirituelles Gelände ist. Wegen dieser deiner Handlung wirst du als Tier wiedergeboren werden, und du musst von rohem Fleisch leben.“

Voller Schrecken warf sich der König vor dem Reh auf den Boden. „Bitte vergib mir!“ Schrie er. Ich akzeptiere, dass ich dieses heilige Gebot überschritten habe, aber ich habe dein  Kitz nicht gesehen. In dieser Hinsicht bin ich unschuldig. Habe Mitleid mit mir."

Das Reh antwortete, „von heute an wirst du 100 Jahre auf eine Kuh mit Namen Nanda warten. Wenn sie dir ihren Namen sagt, ist deine Bestrafung zu Ende. Aber während deines Lebens als Löwe musst du jedes Mal, bevor du deine Beute tötest, einen Moment inne halten. Aber wenn du sie erbeutet hast, erkläre ihr, dass alles, was du erjagst, dir als Nahrung dient. Nur so hast du das Recht es zu töten.“

Mit diesen Worten starben beide, das Reh und der König. Und aus dem Körper des Königs erhob sich ein mächtiger Löwe. Er war ungewöhnlich groß und kräftig. Und er hatte bis auf eine besondere Gewohnheit alle Eigenschaften seiner Artgenossen. Bevor er seine Beute tötete, hielt er einen Moment inne.

100 Jahre waren vergangen, und wieder jagte der Löwe im Wald, wobei er immer die Anweisung des Rehs beachtete. Dann betraten eines Tages einige Kuhhirten den Wald, sie fanden für die Kühe eine Lichtung mit Wasser und gutem Gras, und sie entschieden sich dort eine Weile zu bleiben. Sie zäunten ein kleines Gebiet ein, um die Kühe zur Nacht zu schützen, und bauten ein paar Hütten für sich selbst. Und schon war der Platz voll vom Blöken der Kühe und von den Flöten der Kuhhirten.

Die größte und die gesündeste Kuh der Herde war Nanda. Sie war weise, ohne Angst und zufrieden. Eines Tages entfernte sie sich beim Grasen von der Herde, und wurde von dem Löwen angegriffen. Wie es seine Gewohnheit war, hielte er inne bevor er sie tötete und sagte: „Heute hat die Vorsehung dich als Nahrung zu mir geschickt.“

Nanda antwortete ruhig: "Es ist mir nicht möglich mich vor dir zu schützen. Der Tod ist unvermeidlich, mag er jetzt kommen oder später. Aber oh König der Tiere, ich habe vor einigen Tagen ein Kalb geboren. Nur mit meiner Milch kann das Kalb überleben. Selbst jetzt ist es hungrig und wartet darauf, dass ich zurückkomme. Wie kann es überleben, wenn du mich tötest? Bitte lass mich gehen. Ich werde mein Kalb füttern und ihm ein paar Lektionen erteilen, wie es überleben kann. Und wenn ich es dann an meine Freunde übergeben habe, werde ich zu dir zurückkehren."

Der Löwe antwortete: "Deine Ahnungslosigkeit spricht dafür, dass du weise bist. Aber deine Anhaftung an dein kleines Kind spricht gegen dein Wissen. Warum sorgst du dich in dieser deiner letzten Stunde um deinen Sohn.?"

Nanda sagte nur: "Bitte vertraue mir und lass mich gehen. Wenn ich nicht zurückkomme, mag ich die Schuld auf mich ziehen, die man auf sich lädt, wenn man seine Eltern oder einen Erleuchteten tötet. Wenn ich mein Versprechen nicht halte, mag mich die Sünde treffen, wenn man ein Tier misshandelt, oder wenn man einem Freund in Not nicht hilft, oder wenn man die spirituellen Übungen eines anderen unterbricht. Da ich weiß, dass dieses die schwersten Vergehen sind, werde ich mit Sicherheit zurückkehren."

"Du magst gehen", antwortete der Löwe, " du kannst dein Kalb noch einmal sehen. Gib ihm deine Milch, lecke seine Stirn, und überlasse es der Fürsorge deiner Freunde. Kommt danach sofort zurück."

Nanda begab sich sofort wieder zur Herde, und als das Kalb seine Mutter kommen sah, schrie es vor Freude. Als sie das Kalb stillte, sah es, dass sie schweren Herzens war und fragte sie warum? Nanda sagte ruhig: " Mein Sohn trink deine Milch, denn ich weiß nicht, wessen Milch du morgen trinken kannst. Dies ist das letzte morgen. Ich habe einem hungrigen Löwen versprochen zurückzukehren, und mich ihm zu opfern."

"Ich will mit dir kommen Mutter", schrie das Kalb. "Ohne dich werde ich sowieso sterben; ich will lieber mit dir sterben!"

Nanda antwortete streng: "Es ist Selbstmord, den Tod voller Gefühl zu umarmen. Mich wirklich zu lieben und mir zu dienen, heißt hier zu bleiben. Folge jetzt meiner Anweisung.

Wenn du im Wald grast und im Fluss trinkst, sei niemals sorglos; denn durch Sorglosigkeit bringen sich die Lebewesen ins Unheil. Geh niemals aus Gier an einen gefährlichen Platz, denn Gier führt zu Fehlern in diesem und im nächsten Leben.

Sei nicht leichtgläubig und folge niemandem blind. Sorglosigkeit, Gier und blindes Vertrauen sind die schlimmsten Feinde. Vertraue niemandem, den du nicht getestet hast. Und schenke selbst dem nicht ein volles Vertrauen, der es wert zu sein scheint. Denn solches Vertrauen birgt früher oder später Gefahr in sich. Du kannst deine Seele befreien, indem du alle liebst. Aber wenn du in deinem Geist Frieden haben willst, vertraue nur auf Gott allein.

Unternimm alle Anstrengungen, um dich zu beschützen. Erhalte dich gesund, aber fürchte den Tod nie, denn der Tod folgt mit Gewissheit auf jedes Leben. So wie ein Wanderer einige Zeit im Schatten rastet, bevor er seine Reise fortsetzt. So treffen wir uns für eine Weile, bevor wir uns unserem Ziel weiter nähern. Sei ohne Traurigkeit."

Als Nanda das Gespräch mit ihrem Sohn beendet hatte, leckte sie seine Stirn und dann ging sie zu ihren Freunden und sagte:" Ihr seid gesund und großzügig, und ihr habt die Möglichkeit anderen zu helfen. Bitte beschützt mein hilfloses Kind. Um der Gerechtigkeit willen muss ich zu dem Löwen zurückkehren."

Dann ging sie in einem Kreis um die gesamte Herde und verehrte das Element Erde, Wasser, Feuer, Luft und das Element Raum; die Sonne, den Mond, die Sterne, und die Beschützer der 10 Richtungen, sowie die Bäume und Tiere im Wald von Pushkar.

Sie betete: " Mögen alle Kräfte der Natur und alle göttlichen Wesen, ob sie sichtbar sind oder unsichtbar, meinen Sohn beschützen, und mögen sie mir die Kraft geben, dem Weg der Wahrheit zu folgen.

Darauf kehrte Nanda zu dem Löwen zurück. "Ich bin gekommen", sagte sie zu ihm. " Bitte stille deinen Hunger mit meinem Fleisch."

Aber anstatt sie zu töten, wandte der Löwe sich an sie: "Ich habe seit langem keinen Frieden empfunden", sagte er. "Mein Leben war von Hunger und Ärger bestimmt. Aber nachdem ich mit dir gesprochen habe, habe ich begriffen, dass die Wahrheit zu üben, die höchste aller Praktiken ist. Gesegnet ist das Land, wo du lebst. Gesegnet sind die, welche deine Milch trinken. Nachdem ich dich gesehen habe, habe ich das Interesse am Leben verloren. Als Löwe habe ich tausende von Tieren getötet, um meinen Hunger zu stillen. Mein Instinkt zwang mich zum Jagen, aber heute sagt mir eine innere Stimme, dass das Leben mehr bereithält, als essen, schlafen, jagen und sterben. Aber ich bin ein Löwe und habe über meinen Appetit keine Kontrolle. Bitte sage mir, wie ich Frieden im Geist erreichen kann, und wie ich den höheren Zweck des Lebens kennen lernen kann."

Die Kuh antwortete: "Mein lieber Bruder, in dieser für uns schwierigen Zeit ist Nachsicht die beste Möglichkeit Frieden im Geist zu erreichen und das höhere Ziel des Lebens kennen zu lernen. Einer, der anderen hilft, taucht zum Zeitpunkt des Todes in Gott ein."

"Jetzt weiß ich, wer du bist!" rief der Löwe. "Du bist die Verkörperung des Segens, den ich von dem Reh erhalten habe, welches ich vor 100 Jahren als König getötet habe. Bitte befreie mich von den Banden dieses Körpers und den Gewohnheiten, die mit ihm verbunden sind. Ich bitte dich, sag mir deinen Namen."

"Nanda, "sagte sie.

 In dem Moment starb der Löwe, und aus seinem Körper erhob sich der König.